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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 2 W 29/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 310
ZPO § 311
Die Wirksamkeit der Verkündung eines Urteils wird nicht dadurch infrage gestellt, dass es zeitlich früher als angekündigt verkündet wurde.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

2 W 29/04

Entscheidung vom 08.06.2004

In der Beschwerdesache

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ­ 2. Zivilsenat ­ auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdegegnerin vom 06. Mai 2004 (Bl. 171 d. A.) gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. April 2004 (Bl. 167, 168 d.A.), Az.: 2/18 0 340/03 am 08. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf EUR 39.470,33 (1/3 von EUR 118.411,-) festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerdeführerin mietete von der Beschwerdegegnerin mit Vertrag vom 28. Mai 2001 Büroräume in der ...straße in O1. Die Beschwerdegegnerin kündigte das Mietverhältnis wegen Mietrückständen in Höhe von mehr als drei Monatsmieten.

Die Beschwerdeführerin widersprach der fristlosen Kündigung und behauptete, die Mietsache weise erhebliche Mängel auf (Überhitzung der Räume). Außerdem behauptete sie, die Mietfläche betrage statt 422,85 qm nur 385,54 qm (Bl. 103 d.A.).

Die Beschwerdeführerin räumte zunächst die Räume nicht.

Die Beschwerdegegnerin erhob am 25. Juli 2003 die vorliegende Räumungsklage. Ferner klagte sie in einem anderen Verfahren beim Landgericht Frankfurt am Main, Az. 2/25 0 491/03, Mietrückstände ein.

Mit Urteil vom 22. Dezember 2003 hat das Landgericht im vorliegenden Verfahren die Beschwerdeführerin antragsgemäß zur Räumung verurteilt (siehe Bl. 123 f d.A.).

Bereits mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2003 ­ Eingang bei Gericht 18. Dezember 2003 ­ (Bl. 129 d. A.) hatte die Beschwerdeführerin die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit des Verfahrens vor dem Landgericht 2/25 0 491/03 gemäß § 148 ZPO beantragt. Diesen Schriftsatz erhielt die erkennende Richterin erst nach der Verkündung des vorliegenden Urteils vom 22. Dezember 2003.

Gemäß Protokoll vom selben Tage (22.12.2003, siehe Bl. 122 d. A.) wurde das Urteil verkündet. Allerdings wurde es früher zeitlich verkündet als zu der angegebenen Zeit von 14.00 Uhr.

Das Urteil ist unterschrieben (Bl. 127 d. A.). Die erkennende Richterin brachte nach der Verkündung und Unterzeichnung des Verkündungsprotokolls Urteil und Protokoll auf die Geschäftsstelle und wies durch Aushang darauf hin, dass sich nunmehr Urteil und Verkündungsprotokoll auf der Geschäftsstelle befinden. Dort erfuhr ein Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, mit welchem Inhalt das Urteil verkündet worden war.

Das Urteil wurde an den Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit Empfangsbekenntnis zugestellt. Allerdings unterschrieb der Prozessbevollmächtigte das Empfangsbekenntnis nicht (Bl. 148 d. A.). Er verweigerte die Unterschrift, weil er der Auffassung war, das Urteil sei nicht wirksam verkündet worden (§§ 310, 311 ZPO) und es handele sich deshalb um ein Nichturteil.

Am 29. März 2004 wurde das Urteil an den Vertreter der Beschwerdeführerin mit Zustellungsurkunde zugestellt (Bl. 164 d. A.). Auf Antrag der Beschwerdegegnerin wurde das Urteil für vollstreckbar erklärt. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30.03.2004 (Bl. 165 d. A.) Erinnerung ein. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass das Urteil mangels wirksamer Verkündung ein Nichturteil sei.

Mit Beschluss vom 19. April 2004 wies das Landgericht die Erinnerung zurück. Dieser Beschluss wurde der Beschwerdeführerin mit Empfangsbekenntnis am 03.05.2004 zugestellt (Bl. 170 a d.A.). Mit Schriftsatz vom 06.05.2004,Eingang bei Gericht 11.05.2004 (Bl. 171 d.A.) legte sie sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 17.05.2004 (Bl. 173 d.A.) nicht ab.

Inzwischen hat die Beschwerdeführerin die streitgegenständlichen Räume in der ...straße geräumt.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 567, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO), sie hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.

Das Urteil vom 22. Dezember 2003 ist wirksam verkündet worden (Bl. 123 d. A.). Gemäß § 311 Abs. 2 S. 1 ZPO genügt für die Verkündung der Bezug auf die Urteilsformel. Als das Urteil allerdings früher als angekündigt verkündet wurde, war niemand von den Parteien anwesend. Dieser Umstand ist für die Wirksamkeit der Verkündung unschädlich. § 311 Abs. 2 Ziffer 1 zeigt, dass eine Verkündung auch in Abwesenheit von Parteien erfolgen kann. Das Urteil lag bei Verkündung ausgefertigt vor und war von der erkennenden Richterin unterschrieben (Bl. 127 d.A.). Ferner ist auch das Verkündungsprotokoll unterschrieben (Bl. 122 d.A.) und vollständig ausgefüllt. Damit liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 3 Ziffern 6 und 7 vor. Dem Protokoll kommt mithin die Beweiskraft des § 165 ZPO zu. Zwar ist das Urteil zeitlich zu früh verkündet worden, doch liegt hierin lediglich ein formaler Verkündungsmangel, auf dem vorliegend allerdings das Urteil selbst nicht beruht und wodurch keine der Parteien benachteiligt wird (siehe BGHZ 14,39). Der formale Verkündungsmangel wegen zu zeitiger Verkündung ist unschädlich (siehe auch OLG Hamm in FamRZ 95, 943 (945) m. w. N.). Zwar soll grundsätzlich die angegebene Zeit bei der Verkündung eingehalten werden, damit die Parteien Gelegenheit haben, an der Verkündung teil zu nehmen, doch ist dies keine Voraussetzung, die, wenn sie nicht erfüllt ist, zur Unwirksamkeit der Verkündung und damit zu einem Nichturteil führt, siehe oben. Aus formalen Gründen muss ein verkündetes Urteil Bestand haben, deshalb kann nur ein Nichturteil vorliegen, wenn gravierende formale Verstöße gegeben sind (ein Richter der nicht an der Verhandlung teilgenommen hat unterschreibt ein Urteil). Solche gravierenden Fehler sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich.

Da nach alledem das Urteil wirksam verkündet worden ist, war auch die Klauselerteilung zu Recht erfolgt, weshalb mit zutreffender Begründung das Landgericht der Klauselerinnerung nicht abgeholfen hat und was dazu geführt hat, dass die vorliegende sofortige Beschwerde unbegründet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Gegenstandswert wurde mit 1/3 des Hauptsachestreitwerts gemäß § 3 festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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